Eiyuden Chronicle Rising

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Im Rahmen der Crowdfunding-Kampagne von Eiyuden Chronicle wurde der erste Ableger angekündigt: Eiyuden Chronicle Rising ist eine Mischung aus Stadtaufbausimulation und Action-RPG. Das Spiel dient außerdem als Prequel zum Hauptspiel.
Grundlegende Informationen
Publisher: 505 Games
Entwickler: Natsume-Atari
Erscheinungsdaten
Plattformen Name Datum
PlayStation 4 XBOX 1 Nintendo Switch Computer Hyakueiyūden Rising (百英雄伝Rising) japan 11. Mai 2022
Eiyuden Chronicle Rising amerika 10. Mai 2022
Eiyuden Chronicle Rising europa 10. Mai 2022

Rezension

Eiyuden Chronicle: Rising ist ein Spiel, das man eigentlich nicht auf normale Art bewerten kann. Das Spiel entstand als Bonus der Kickstarter-Kampagne zum spirituellen Suikoden-Nachfolger Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes, der nächstes Jahr erscheinen soll. Rising wurde als Nebenspiel angekündigt, das bereits den Appetit auf das Hauptspiel wecken sollte. Während es sich beim Hauptspiel um ein waschechtes, rundenbasiertes JRPG handelt, ist Rising aber ein Action-RPG, das (kleine) Elemente einer Stadtaufbausimulation hat. Für jeden Eiyuden- (und weitesten Sinne Suikoden-)Fan stellt sich jetzt aber die Frage: muss ich das spielen? Und die Antwort ist komplex.

Screenshot aus Eiyuden Chronicle: Rising. Die Hauptfigur CJ, ein junges Mädchen mit zwei Spitzhacken, kämpft in einer Höhle gegen einen riesigen Steingolem.
Jeder der insgesamt fünf Dungeons endet mit einem Endgegner. Diese haben meist zwei bis drei verschiedene Arten an Attacken, die es auswendig zu lernen gilt - dann stellen sie aber keine Gefahr mehr dar.

Rising liefert eine kleine Geschichte auf Basis persönlicher Schicksale

Die Geschichte des Hauptspiels umfasst einen Krieg zwischen den zwei großen Nationen des Kontinents Allraan. Davon kriegt man in Rising, welches als Prequel einige Zeit vor dem Hauptspiel spielt, aber erstmal nichts mit. Die junge Schatzsucherin CJ begibt sich in das abgelegene und ziemlich heruntergekommene Dorf Neu-Nevaeh, wo nach einem Erdbeben Ruinen offen liegen. Ihr Ziel ist das Finden einer riesigen Runenlinse, ein Objekt, welches Grundlage der Magie ist, um das Übergangsritual ihres Clans zu absolvieren.

Auf Basis dieser einfachen Prämisse entwickelt sich dann eine recht nette Geschichte. Neben CJ treten noch Garoo, ein grimmiger Söldner, sowie später Isha, die nach dem Verschwinden ihres Vaters das Bürgermeisteramt übernahm, der Gruppe bei. Im Zentrum stehen dabei die mysteriösen Ruinen und die Suche nach Ishas Vater. Leider wirkt die Geschichte deutlich zäher, als sie müsste, und erst in der halben Stunde vor Spielende kommt die Geschichte wirklich zusammen. Auch der Zusammenhang mit der Geschichte des Hauptspiels wird noch nicht deutlich und außer dem Erwähnen der großen Nationen passiert eigentlich wenig von Interesse. Die Interaktion zwischen den drei Hauptcharakteren glänzt dagegen umso mehr: Die wilde CJ, der murrige Garoo, und die clevere Isha geben ein gutes Trio ab, das quasi die gesamte Last der Geschichte auf seinen Schultern trägt. Die Dialoge der drei haben viel Herz und teilweise sogar so etwas wie Tiefgang.

Ein Screenshot aus Eiyuden Chronicle: Rising. In einer Ruine sagt Garoo, ein Kangüruh-Mann mit Augenklappe und rieisgem Schwert: „Runenpatronen. Ich habe schon einmal welche gesehen. Es gibt kaum Zauberer, die sie herstellen können.
Immer wieder gibt es Hinweise auf eine größere Geschichte oder neuartige Begriffe. Meist bleiben sie in Rising aber ohne Konsequenz und der Konflik des Hauptspiels lässt sich allenfalls erahnen.

Es gibt viel zu tun

Neben der Hauptgeschichte gibt es einige Nebenaufgaben zu erledigen. Das Nebenziel des Spiels besteht nämlich darin, die Stadt Neu-Nevaeh wiederaufzubauen und neue Bewohner und Abenteurer anzulocken. Leider beschränken sich die Interaktionen mit den Bewohnern nur auf kurze Dialoge während der Missionen – ansonsten kann man überhaupt nicht mit ihnen interagieren. Das Absolvieren von Nebenaufgaben gibt nicht nur Erfahrungspunkten und Baqua (dem Geld des Spiels), sondern führt manchmal dazu, dass die Läden neue Waren auf Lager haben. Für das Verbessern der Waffen benötigt man neben Geld aber auch einige Ressourcen, die von Gegnern hinterlassen werden. Eine riesige Schwäche des Spiels: es ist unglaublich grindlastig. Die meisten Nebenaufgaben bestehen daraus, eine bestimmte Anzahl an Items zu beschaffen. Da sheißt: ab in den Dungeon und Monster vermöbeln. Schaltet man dann neue Waffen frei, muss man für diese ebenfalls Monster vermöbeln. Und um Geld zu bekommen (was für die teuersten Waffen- und Rüstungsupgrades auf jeden Fall gebraucht wird), muss man Items verkaufen. So besteht ein Großteil des Spiels darin, in Dungeons zu rennen, Monster zu vermöbeln und Holz und Stein abzubauen.

Das ist am Ende dann doch nicht ganz so schlimm, wie es sich jetzt anhört, da das Spiel unglaublich leicht ist. Und damit meine ich: wirklich extrem leicht. Jedem der drei Charaktere ist ein Steuerknopf zugeordnet (der vierte ist Springen) und das wars. CJ spezialisiert sich auf schnelle leichte Angriffe, Garoo auf wenige schwere Angriffe und Isha kann aus der Distanz angreifen. Durch gezieltes Abwechseln der Angriffsknöpfe schalten die drei Kombos frei, die nochmal zusätzlichen Schaden erzeugen. Für Action-Anfänger können diese Kombos sogar automatisch freigeschaltet werden. Das Problem ist aber: kaum ein Gegner übersteht so eine Kombo. Selbst der letzte Boss ist mit zwei gezielten Kombos aus dem Verkehr gezogen. Auch sonst sind die Dungeons wenig komplex oder interessant – was gleichzeitig das Backtracken und grinden etwas erträglicher macht. In jedem der Dungeons sind außerdem Wegweiser aufgestellt, mit denen man sofort wieder ins Dorf zurückkehren kann, falls es einem doch reicht.

Ein Screenshot aus Eiyuden Chronicle: Rising. Man sieht eine Steintafel, in denen Linien eingezeichnet sind. Manche der Linien, die mit einem leuchtenden Punkt unten der Tafel verbunden sind, leuchten, die anderen nicht. Oben befindet sich ebenfalls ein Punkt, der aber nicht leuchtet.
Das Gameplay besteht fast ausschließlich aus Kämpfen und Erkunden. Aufgelockert wird es nur durch (komplett optionales) Angeln in Dungeons und diesen leichten Schieberätseln, die man immer wieder im Spiel absolvieren muss.

Optisch hui bis „ungelenk“

An der Präsentation des Spiels gibt es wenig auszusetzen – die Charaktere sind sehr schön gezeichnet, aber die Animationen wirken immer noch klobig und ungelenk. Laut Entwicklern ist zumindest Letzteres Absicht und soll an Puppentheater erinnern, was für mich aber überhaupt nicht funktioniert. Leider sind nur die Hauptfiguren (und Figuren, die wahrscheinlich im Hauptspiel wieder auftauchen) detailliert animiert, und die Dorfbewohner sehen meist auswechselbar ähnlich aus. Auch gibt es nur eine handvoll Gegnertypen, die in den verschiedenen Dungeons einfach einen neuen Farbanstrich bekommen. Das Spiel hat keine Sprachausgabe und gefühlt nur drei Musikstücke, die aber ganz angenehm im Kopf bleiben. Die deutsche Übersetzung wirkt meist gelungen, aber es handelt sich wahrscheinlich um eine Maschinenübersetzung, erkennbar an der Übersetzung „unterkühlt“ für „cool“ (im Sinne von: gut). Daneben finden sich hier und da einige ungelenke Dialoge. Hier merkt man dem Spiel das geringe Budget wohl am meisten an.

Ein Screenshot aus Eiyuden Chronicle: Rising. Man sieht die Protagonistin CJ, ein jugendliches Mädchen, in einer Rune. Rechts am Bildrand sieht man den Text „Komboattacke“ und darunter das Wort „Unterkühlt”.
Ein Beispiel für die teilweise mangelhafte Übersetzung. Solche Schnitzer leistet sich das Spiel immer mal wieder leider. Insgesamt macht die Übersetzung aber einen guten Eindruck und es wurde auch versprochen, noch einmal an der Lokalisierung zu arbeiten.

Fazit: Wahrscheinlich nur für Leute, die alles über Eiyuden Chronicle erfahren wollen

Was bleibt also zu sagen? Eiyuden Chronicle: Rising ist nett. Sehr nett sogar. Aber: man merkt dem Spiel an, dass es ein geringes Budget hat – nicht nur wegen auswechselbarer Sprites oder dem Soundtrack, der wohl nicht einmal eine 7“-Schallplatte füllen können, sondern auch, weil es extrem kurz ist. In knapp 10 Stunden werdet ihr den Abspann sehen, wenn ihr alle Nebenaufgaben gelöst habt. Das reine Durchspielen mit Ignorieren der Nebenaufgaben wird wohl ungefähr bei der Hälfte liegen. Nach dem Endboss kann man das Spiel auf höherem Schwierigkeitsgrad weiterspielen und die letzten Nebenaufgaben lösen, aber das wars. Und so gern ich Rising durchgespielt habe, so muss ich auch sagen: es weckt meinen Appetit auf Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes so gut wie gar nicht. Vielleicht ergeben sich manche der Referenzen auch erst, sobald man das Hauptspiel gespielt hat, aber für sich alleine genommen ist Eiyuden Chronicle: Rising alles andere als ein Muss. Spieler von Rising werden zwar im Hauptspiel mit vier Items belohnt, die die beiden Spiele noch einmal etwas mehr verzahnen, aber es handelt sich hierbei um nichts Essentielles.

Wer also auf der Suche nach einer epischen Geschichte um Krieg und Freundschaft ist, sollte einen großen Bogen um Eiyuden Chronicle: Rising machen. Wenn ihr aber ein kurzes Spiel sucht, das euch für einige Stunden mit sympathischen Charakteren gut unterhält, dann seid ihr hier genau richtig.

Wir danken 505 Games für die Bereitstellung eines Review-Codes!

Im März 2022 durften wir außerdem auch eine Vorabversion des Spiels spielen. Unsere Preview findet ihr unter diesem Link.

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